460 Betroffene unterzeichnen Brief an Bundeskanzlerin
Thema: Politische Verfolgung 1945-49 | | Jul, 7
POTSDAM In der Bodenreform-Affäre will die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) vor Gericht eine Anklage gegen Bedienstete des Landes Brandenburg erwirken. Ein entsprechender Antrag auf ein „Klageerzwingungsverfahren“ liege vor, bestätigte eine Sprecherin des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg/Havel gestern. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hatte im März erklärt, wegen fehlenden Anfangsverdachts keine Untreue-Ermittlungen aufzunehmen. „Aus unserer Sicht ist nachgewiesen, dass das Land vorsätzlich den rechtmäßigen Erben die Grundstücke entzogen hat“, so der Rechtsanwalt der ARE, Thorsten Purps. Dies könne durch Korrespondenzen zwischen Innen- und Finanzministerium belegt werden. Mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts zu dem Antrag ist nach Angaben der Gerichtssprecherin in den nächsten Wochen zu rechnen. dpa
Sehr interessante Reaktionen im Anhang----zum Nachdenken, zum Handeln...Meditieren
Der Völkerrechtsexperte Theodor Schweisfurth plädiert für die offentliche Kontrolle von Richtern
Im Anhang
Durfte das Land die LPG-Mitgliedschaft als Voraussetzung für Eigentumsanspruch von Neubauernerben verlangen?
Agrarausschuss des Bundestages befasste sich mit Neubauernenteignungen
C. Behm: Bundesregierung muss handeln
Auf Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Agrarausschuss des Deutschen Bundestages heute mit der Affäre um die Neubauern-Enteignungen in Brandenburg befasst. Dabei forderte die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Engagement des Bundes ein, um Rechtsfrieden zu schaffen. Behm will sich mit der Aussage der Bundesregierung, dass das Handeln der Länder bei den Neubauernenteignungen nicht der Aufsicht der Bundesregierung unterliegt, nicht zufrieden geben. Außerdem stellt sich für Frau Behm nach wie vor die Frage, ob die Änderung der Rechtslage notwendig ist, um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Man solle darüber nachdenken, die Besitzwechselregelungen für Neubauerngrundstücke noch einmal zu überprüfen.
Die Ermittler sehen bei den Enteignungen keinen Vorsatz. Die Betroffenen wollen nun Beschwerde einlegen
Von Ralf Schönball - Tagesspiegel
Scharfe Kritik folgte auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Potsdam,keine strafrechtliche Ermittlungen in der Bodenreform-Affäre führen zu wollen. Die „Arbeitsgemeinschaft Recht und Eigentum“ wird Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft einlegen. Die Vertreter enteigneter Erben von Bodenreformflächen hatten die Anzeige erstattet, die zu den Vorermittlungen führte. Der frühere stellvertretende Vorsitzende Richter im Bundesgerichtshof, Wolfgang Neskovic sagte: Die
Entscheidung sei „juristisch nicht nachvollziehbar“. Diese Einschätzung teilen wegen des klaren Urteils des Bundesgerichtshofs viele Experten: Nach einem Protokoll der mündlichen Verhandlung am BGH, das dem Tagesspiegel vorliegt, hatte das oberste Zivilgericht Potsdams Vorgehen am Beispiel „einer vorsätzlichen, veruntreuenden Unterschlagung“ ausgeführt - einem strafrechtlichen Vorwurf also. Neskovic, der für die Linke im Bundestag sitzt, rät Betroffenen, Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen oder ein „Klageerzwingungsverfahren“ vor dem Oberlandesgericht zu führen. „Strafrechtliche Ermittlungen wären hier zwingend erforderlich gewesen“, sagt er. Pflichtwidrigeres Verhalten als das hier vom BGH festgestellte „sittenwidrige“ Handeln des Landes gebe es nicht. Der Vorsatz der Beteiligten sei offensichtlich: Die Grundstücke sollten noch schnell in Landeseigentum gehen, ohne Anhörung der Eigentümer, da die Flächen nach Ablauf der Verjährungsfrist den Erben zustanden. Daher sei ein „objektiver Vermögensnachteil“ bei den enteigneten Erben entstanden. „Daran kann nach dem Urteil des BGH nicht ernsthaft gezweifelt werden“, so Neskovic. Den ermittelnden Staatsanwälten droht auch eine Anzeige wegen „Strafvereitelung im Amt“. Diese will Thorsten Purps „ernsthaft prüfen“. Der Rechtsanwalt, der die Anzeige erstattet hatte, sieht sich von den Ermittlern düpiert: Die Akteneinsicht, die man ihm am 5.März „in Kürze“ in Aussicht gestellt habe, sei dann herausgezögert worden bis nach der umstrittenen Entscheidung. „Höchst ungewöhnlich“ sei auch der Alleingang der Ermittler: „Diese kündigen normalerweise den Anzeigeerstattenden die Einstellung wenigstens an, um auch ein letztes Mal zu prüfen, ob sie nichts übersehen haben“, so Purps. Aus der elfseitigen Begründung der Staatsanwaltschaft umschiffen die Ermittler den Rechtsexperten zufolge den zentralen Vorwurf: Dass Potsdam als „gesetzlicher Vertreter“ der enteigneten Erben durch die Landnahme deren Nachteil vorsätzlich herbeiführte. Als „Rückschlag für den Rechtsstaat und Rückfall hinter das BGH-Urteil“, wertete Ulrich Mohr das Ende der Vorermittlungen. Er hatte das BGH-Urteil erstritten und sieht im Die „weisungsgebundenen Beamten von Justizministerin Beate Blechinger“ unterschätzten Kompetenz und Verantwortung der Gerichtsbarkeit.