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Schwarzbuch

"Ihr verharmlost kommunistisches Unrecht" Die Gerichte verweigern Unschuldigen die Rehabilitierung... / von Klaus Peter Krause


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Die Gerichte verweigern Unschuldigen die Rehabilitierung und sollen endlich den wahren Sachverhalt ermitteln  

Noch immer kämpfen die Opfer der politischen Verfolgung in der einstigen sowjetisch besetzten Zone Deutschlands (SBZ 1945 bis 1949) um ihre Rehabilitierung. Um dies nach inzwischen 19 vergeblichen Jahren gerichtlich doch noch durchzusetzen, müssen sie sich inzwischen schon wieder beeilen, denn am 31. Dezember 2011 laufen ihre Rechte auf Rehabilitierung und Wiedergutmachung des verfolgungsbedingten Schadens endgültig aus. Mit einer nochmaligen Verlängerung der Frist können sie diesmal kaum mehr rechnen. Niedergelegt sind diese Rechte in zwei Wiedergutmachungsgesetzen: im Strafrechtlichen (StrehaG) und im Verwaltungsrechtlichen (VwRehaG) Rehabilitierungsgesetz.  

Einen Anspruch auf Rehabilitierung und Wiedergutmachung hat, wer damals politisch verfolgt worden ist, sei es durch Willkür im Einzelfall, sei es durch Willkür wegen bloßer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe wie selbständige Unternehmer, Industrielle oder Großlandwirte („Junker“ und nichtadlige Gutsbesitzer mit 100 Hektar und mehr),  und wer dabei (zum Beispiel durch Vertreiben, Verschleppen, Haft, Schaden an Leib und Leben, Hungertod im Lager, Erschießen)  in seiner Menschenwürde verletzt wurde. Da alle Opfer als Nebenfolge solcher personenbezogener Unrechtsakte regelmäßig ihres Vermögens beraubt wurden, ist die natürliche Folge der Rehabilitierung, dass sie auch ihr Vermögen zurückerhalten, soweit es noch verfügbar ist. Wenn nicht, müssen sie  gleichwertig entschädigt werden müssen.  Gegen diese Folge wehrt sich die herrschende politische Klasse, und die Gerichte machen bei diesem Widerstand mit, obwohl die gesetzlichen Regelungen Rehabilitierung und Wiedergutmachung gebieten. 

Die Verfolgung selbständiger Unternehmer und Industrieller wird noch immer als „sozialistische Industriereform“ verharmlost, die Verfolgung der Großlandwirte als „sozialistische Bodenreform“. In Wirklichkeit war beides brutaler Klassenkampf mit grob rechtsstaatswidrigen Menschenrechtsverletzungen. Die rechtlichen Auseinandersetzungen der Opfer vor Behörden und Gerichten waren und sind überaus teuer und demütigend. Dort aber erfuhren die Opfer nie, nach welcher Vorschrift sie das begehrte Recht bekommen können, sondern mußten sich immer wieder nur anhören, wonach sie es nicht bekommen; die zu ihren Gunsten bestehende, freilich sehr verklausulierte Rechtslage wurde geradezu vernebelt, befördert zudem von einem entschiedenen Willen, diese auch gar nicht aufzuspüren und zugunsten des Fiskus alle Ansprüche abzuwehren.  

Doch ist 2001 höchstrichterlich immerhin klargestellt worden, in welchen Fällen die Opfer nach welchem Gesetz vorzugehen haben, wenn sie ihr Recht bekommen wollen. Es ist eine Klarstellung vor allem für die Opfer der SBZ-Zeit.  Die Klarstellung stammt vom Bundesverwaltungsgericht, eingefügt in ein Urteil, in dem es um eine Verfolgung in der SBZ-Zeit noch nicht einmal geht und das die Klage des von der DDR Vermögensgeschädigten abschlägig bescheidet (BVerwG 3 C 39.00 vom 23. August 2001). Aber gerade die SBZ-Opfer können sich auf diese Klarstellung berufen. Doch genützt hat ihnen bisher auch das nicht. Die politisch bedingte und gerichtlich befolgte Abwehrhaltung ist einfach zu machtvoll. 

Verfolgungsbedingte Vermögensverluste sind etwas ganz anderes als zwar ebenfalls rechtswidrige, aber reine Vermögensverluste (zum Beispiel solche durch Enteignung), die das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen erfaßt und daher auch anders zu behandeln sind. Die einen sind durch personenbezogenes Verfolgungsunrecht entstanden, die anderen durch objektbezogenes Vermögensunrecht. Zwischen diesen zwei Arten von Vermögensentziehungen unterscheiden die einschlägigen Gesetze daher auch. Für die erste Gruppe sind demgemäß die Rehabilitierungsgesetze zuständig, für die zweite das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz). In Kurzform: Das Vermögensgesetz regelt das Vermögensunrecht, das jeweilige Rehabilitierungsgesetz das Verfolgungsunrecht. Ebendies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil unmißverständlich klargestellt.  

Allerdings haben höchstrichterliche andere Urteile (Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht) den Weg zur Rehabilitierung über das VwRehaG inzwischen versperrt, wenn auch mit windigen, höchstumstrittenen Begründungen. Darauf hat der Rechtsanwalt Dr. Johannes Wasmuth, München, auf dem 13. Bundeskongreß der Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) am 4. Juli im hessischen Borken hingewiesen. Deshalb könne man jetzt nur noch mit Hilfe des StrehaG gegen das Unrecht vorgehen.  Aber dieses Unrecht werde von der Rechtsprechung völlig verharmlost: Wohl sei es Unrecht, aber nur eine sozialistisch bedingte Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse im rein wirtschaftlichen Bereich, keine politische Verfolgung mit schwersten Menschenrechtsverletzungen. Daher seien auch die StrehaG-Anträge auf Rehabilitierung bisher abgelehnt worden. Wasmuth legte dar, daß die Gerichte ihre Verharmlosung und Ablehnung mit falschen Tatsachen begründen und ihre Urteile daher mittels Revision angreifbar sind. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, wenn ein Gericht aufgrund falscher Tatsachen entscheide, sei das Urteil willkürlich und nicht haltbar.  

Im Fall der „Industriereform“-Opfer hat Wasmuth mit seinen Helfern vor dem Landgericht Dresden ein Muster-Revisionsverfahren laufen. Der umfangreiche Schriftsatz legt derart zwingende Tatsachen und Begründungen vor, daß sich das Gericht seit Jahren um die Entscheidung zugunsten der zwingend fälligen Rehabilitierung herumdrückt. Schwieriger, aber trotzdem gangbar nennt Wasmuth das Vorgehen gegen Gerichtsurteile im Fall der „Bodenreform“-Opfer.  Hier nämlich sei noch nicht genau genug untersucht, ob die „Bodenreform“ vor allem eine Strafmaßnahme gegen die Opfer gewesen sei, was sich nach Wasmuth aber durchaus belegen läßt.  

 Zum Vorgehen verweist Wasmuth darauf, daß die Gerichte zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen verpflichtet sind. Dieser Verpflichtung kämen sie aber erst dann nach, wenn man ihnen dazu möglichst umfassend die Anhaltspunkte liefere. Man müsse also vortragen, daß hier eine politische Verfolgung vorliege und dies beweisen. Dies sei – außer in dem Musterverfahren vor dem Landgericht Dresden – flächendeckend bisher nicht geschehen. Wie das zu tun sei, führte Wasmuth im einzelnen vor. Entscheiden sei, die Gerichte müßten endlich vernünftig ermitteln. Zugleich appellierte er, in der Medienberichterstattung, die Aufarbeitung zu fordern und die wesentlichen gerichtlichen Fehlentscheidungen klarzulegen. In der öffentlichen Darstellung müsse den Gerichten vorgeworfen werden: „Ihr verharmlost kommunistisches Unrecht.“