Ehrenpension: " Kungeln Sie lieber weiter mit den Tätern......" von P. Fischer
Immer mehr enttäuschte SED-Opfer geben angesichts der beschämenden Entschädigungsregelung ihre Parteibücher zurück-
Über die fast siebzehn Jahre währenden Wehen, an deren Ende die Geburt eines siechen Mäusleins namens Opferpension für SED-Haftgeschädigte das bundesdeutsche Licht erblickte, scheinen sich selbst die Schöpfer nicht mehr so recht freuen zu können. Die weniger als halbherzige, weit jenseits des politischen Instinkts gefällt Entscheidung, eine Art von Ehrenpension nur für finanziell besonders schwach gestellte SED-Opfer zu gewähren, fällt zunehmend auch auf die Parteien selbst zurück.
Zahllose Opfer der diktatorischen SED-Herrschaft haben sich nach Freikauf aus der Haft, Flucht oder erst mühsam abgetrotzter Übersiedlung nach Westdeutschland wie selbstverständlich in das Spektrum der im Parlament vertretenen Parteien eingereiht, um am hiesigen politischen Leben aktiv teilzunehmen. Naturgemäß erwarteten sie auch in der Zeit vor 1989 kluge deutschlandpolitische Ansätze, um die Teilung zu mildern oder gar zu überwinden, wie sie sich nach dem Zusammenbruch des SED-Regimes eine Würdigung ihres Widerstandskampfes erhofften, der oft in langjährige Haft oder andere rigide Verfolgungsmaßnahmen einmündete.
Nach diesem für sie schockierenden Ergebnis, schicken nunmehr viele demonstrativ ihre Parteibücher zurück oder lassen ihre Mitgliedschaft vorläufig ruhen, um die noch anstehenden Verhandlungen abzuwarten, die der genaueren Ausformung des Gesetzes dienen sollen. So schreibt der Hamburger Versicherungskaufmann Manfred S., langjähriges CDU-Mitglied, angesichts der bekannt gewordenen Entscheidung über die Ehrenpension an Dirk Fischer MdB entrüstet: „…ändern Sie Ihre Moral oder das Grundgesetz, unsere Mitgliedschaft ruht ab dem 1. 4. 07“.
Andere wollen mit den Politikern überhaupt nichts mehr zu tun haben („Kungeln Sie lieber mit den Tätern weiter, aber lassen Sie die Opfer in Ruhe!“), und schicken die Parteibücher tief enttäuscht zurück. Nach der skandalösen gerichtlichen Entscheidung, früheren einflussreichen SED-Funktionsträgern nachträglich finanzielle Zuwendungen in Milliardenhöhe zukommen zu lassen, anstatt sie für das verursachte wirtschaftliche und politische Desaster in dieser einst am höchsten entwickelten Wirtschaftsregion Vorkriegseuropas durch einen gesonderten Beitrag in Regress zu nehmen, musste nachgerade zwangsläufig diese Enttäuschung bei den Opfern aufkommen.
Da hilft es wenig und reiht sich nur ebenbürtig in die Farce der Regierenden ein, wenn Oppositionsparteien statt der 250 Euro für Bedürftige 500 Euro für alle Geschädigte in Aussicht stellen, wenn sie nicht am Ruder sitzen; seit 1989 waren sie allesamt in der Regierungsverantwortung, ohne freilich je eine angemessene Entscheidung zu fällen.
Jetzt schlüge die Stunde beherzter Frauen und Männer aus dem Pulk politisch Mächtiger, um das Ruder hier noch herumzureißen, aus Verantwortung gegenüber dem Gemeinwesen, aus Takt und Feingefühl gegenüber den Opfern und um die bereits hoch gefährdete Struktur unseres politischen Systems zu erneuern. Aber der ungetrübte Blick auf die Wirklichkeit unseres Alltags lässt wenig Raum auf Hoffnung. Oder?
Peter Fischer