WiROZ

Schwarzbuch

Wahrheit und Recht


Autor:

Udo Madaus

Verlag:

Frieling-Verlag, Berlin

ISBN:

3-8280-2307-X

Seiten:

784

Preis:

27,80 Euro

Inhaltsangabe:

Dokumentation einer politisch motivierten Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Enteignungen / Konfiskationen 1945-1949 in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands


Jahrelang hat die Familie Madaus um ihr Recht gekämpft, spätestens nach der deutschen Wiedervereinigung hoffte sie auf die Rückgabe ihres nach dem Krieg in der sowjetischen Besatzungszone konfiszierten Eigentums. Statt dessen wurde das Unrecht von 1945-1949 festgeklopft und schließlich sogar vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Udo Madaus hat sich gegen diesen offensichtlich politisch motivierten Rechtsbruch gewehrt und eine Dokumentation zusammengestellt, die seinen Kampf anhand von Briefen, offiziellen Schriftsätzen, Stellungnahmen von Verfassungsjuristen und Gerichtsurteilen belegt. Er knüpft damit an sein erstes im Frieling-Verlag Berlin erschienenes Buch an, das für Aufsehen sorgte. Auch Madaus' aktuelles Werk enthält eine Menge Zündstoff, setzt es sich doch kritisch mit dem Wirken des Bundesverfassungsgerichts und seines früheren Präsidenten Roman Herzog auseinander. Dabei belegt der Autor mit einer Fülle von Fakten, wieviel das Gericht von den tatsächlichen Hintergründen gewußt haben muß und daß es diese bei der Beurteilung des Falls dennoch außer acht ließ. Engagiert und unbequem - Udo Madaus rettet ein bedeutsames Stück Zeitgeschichte vor dem Vergessen.

Buchbesprechung:

Verletztes Recht am Eigentum

Udo Madaus über den Vermögensraub von 1945/1949 und von 1990

10. April 2006 
Der Verfasser dieses Buches ist Mitglied einer Unternehmerfamilie. Die Familie Madaus hatte seit 1919 in Radebeul bei Dresden ein Unternehmen, das Arzneimittel herstellte und vertrieb. In der Zeit der sowjetischen Besatzung 1945 bis 1949 (SBZ-Zeit) wurde es ihr zusammen mit einer Reihe anderer bebauter Grundstücke sowie mit sämtlichem sonstigem Eigentum entschädigungslos entzogen. Nach ihrer Vertreibung aus der Heimat hat die Familie das Unternehmen in der Bundesrepublik wiederaufgebaut und abermals zu Erfolg gebracht. Bisher ohne Erfolg geblieben sind indes ihre Bemühungen, das am alten Standort noch vorhandene und verfügbare Eigentum zurückzubekommen und dort zu investieren. Politiker, Behörden und Gerichte haben ihnen dies (wie auch den meisten anderen Opfern der SBZ-Zeit) verweigert. Die rechtsstaatswidrige Nichtrückgabe hatte und hat erwiesenermaßen fiskalische Gründe; Ideologie spielte ebenfalls eine Rolle.

Der besseren Anschaulichkeit wegen und wegen der verfügbaren, verläßlichen eigenen Unterlagen beschreibt der Autor auch das Ringen um die Rückgabe des familiären Eigentums, das 1990 mit der deutschen Wiedervereinigung ein zweites Mal verlorenging - diesmal allerdings nicht von einer kommunistischen Gewaltherrschaft geraubt, sondern vom freiheitlich-demokratischen deutschen Rechtsstaat. Aber von diesem Ringen, dokumentarisch belegt, handelt in zwei Kapiteln nur ein kleiner Teil des Buches. Der bei weitem größte Teil befaßt sich mit der Verletzung des Rechts am Eigentum durch den Staat, die dieser an allen Opfern jener Zeit begangen hat. Madaus beziffert deren Zahl auf 300 000 bis 400 000. Für das rechtswidrige Geschehen läßt er im wesentlichen Dokumente sprechen. Kommentierend begleitet er sie mit eigenen Beiträgen, darunter auch solchen, die er im Lauf der Jahre seit 1990 verfaßt, und Briefen, die er an die Hauptverantwortlichen geschrieben hat. Dokumente und zahlreiche Beiträge anderer Autoren, relevante Gesetzestexte, Namensverzeichnis und Anmerkungen runden das Buch ab.

Eine solche Dokumentation zum gleichen Gegenstand hat der Autor schon einmal vorgelegt ("Allianz des Schweigens"). Darin ging es vor allem um Rechtswidrigkeiten von gesetzgebender und ausführender Gewalt. Jetzt im zweiten Buch nimmt er die rechtsprechende Gewalt ins Visier, und zwar hier die höchstrichterliche, nämlich die Handlungsweise des Bundesverfassungsgerichts. Dabei konzentriert er sich auf dessen Entscheidungen von 1991 und 1996, die sogenannten Bodenreform-Urteile, womit deren Gegenstand allerdings zu eng umschrieben ist. Madaus, selbst Jurist, wirft dem Gericht vor, drei Grundsätze des Verfahrensrechts und der richterlichen Pflicht außer acht gelassen zu haben: beim rechtlichen Gehör den Anspruch auch auf eine mündliche Verhandlung (die das Gericht im zweiten Verfahren unterband), die sorgfältige Würdigung aller vorgelegten Beweise (was nicht geschehen ist) und die oberste Pflicht des Richters, die Wahrheit zu ergründen (was ebenfalls unterblieb).

Das Buch hat den Wert, daß jeder Interessierte den Hergang von 1990 und in den Jahren danach im Zusammenhang und chronologisch geordnet nachlesen und sich daraus ein Urteil bilden kann. Ein Mangel hingegen besteht darin, daß der Autor die Rehabilitierungsgesetze gänzlich ausblendet. Diese sind im Regelwerk für die Wiedergutmachung von Unrecht der SBZ- und der DDR-Zeit ein wesentlicher Bestandteil. Zusammen mit dem Vertrag zur deutschen Einheit, der Gemeinsamen Erklärung, dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz sowie dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen bilden sie eine rechtlich-systematische Einheit, die eine Rückgabe der noch verfügbaren Vermögenswerte an die Opfer der SBZ-Zeit sehr wohl ermöglicht und sogar gebietet. In vielen Einzelfällen ist eine solche Rückgabe auch schon gelungen - allerdings nicht in den meisten. Das hängt damit zusammen, daß beide Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts absichtsvoll als Rückgabeverbot dargestellt werden, was aber unzutreffend ist. Das gleiche gilt für einen Satz im Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz. Aber das Buch ist ganz auf das Verfassungsgericht mit seinen beiden Entscheidungen fixiert.

KLAUS PETER KRAUSE.

Udo Madaus: Wahrheit und Recht. Dokumentation einer politisch motivierten Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Enteignungen/Konfiskationen 1945-1949 in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschland. Frieling-Verlag, Berlin 2006, 769 Seiten, 22 Euro.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.04.2006, Nr. 85 / Seite 12