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Bodenreform: Linke: Hausspitze offenbar involviert/ Opposition sieht nach Zeugenbefragung noch viele Fragen offen


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POTSDAM - Nach den ersten beiden Zeugenaussagen im Bodenreform-Untersuchungsausschuss sieht die Linke eine Reihe von Widersprüchen und offene Fragen. Der Abgeordnete und Ausschuss-Vize Christian Görke bezeichnete gestern den Auftritt des zuständigen Abteilungsleiters Helmut Baesecke am Dienstag Abend als „nicht besonders glaubwürdig“. Dieser habe versucht, die politische Ebene herauszuhalten und den Eindruck zu erwecken, die Fachabteilung habe „losgelöst von der Hausspitze“ agiert. Sollte dies tatsächlich so gewesen sein, sei das „noch schlimmer“. Dann müsste die Frage gestellt werden: „Wer war eigentlich Chef im Hause?“ Es gebe deutliche Anzeichen, dass die Hausspitze im Bilde war.Baesecke, der damals wie heute Abteilungsleiter im Finanzministerium ist, hatte im Ausschuss erklärt, die politische Spitze sei bei der Entscheidung, ob das Land gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts in Revision geht, nicht involviert gewesen. Er begründete das damit, dass es sich bei dem konkreten Fall um eine rein rechtliche und keine politische Frage gehandelt habe.Baesecke erklärte in der dreieinhalbstündigen Befragung auch, dass sich die Suche nach Erben von Bodenreformland als „schwierig und zeitraubend” herausgestellt habe. Das Gesetz habe es erlaubt, für nicht auffindbare Erben Vertreter zu bestellen, wovon erstmals 1998 Gebrauch gemacht worden sei. Nachdem es sich als nicht praktikabel erwiesen habe, Dritte zu bestellen, sei das Land an die Stelle unbekannter Erben getreten. Dabei sei entscheidend gewesen, dass sich das Land Brandenburg verpflichtete, später auftauchende zuteilungsfähige Erben ihr Land zurückzugeben. Das habe mehr als acht Jahre lang reibungslos funktioniert, so Baesecke. Rechtliche Bedenken wegen eines möglichen Missbrauchs der Vertretungsmacht, wie sie der Bundesgerichtshof (BGH) später kritisierte, habe es nirgendwo gegeben. Ziel sei es gewesen, höchstrichterlich klären zu lassen, wer die Auflassungen in den Grundbüchern genehmigen durfte, nachdem die Kommunen hier Zweifel angemeldet hatten. Das Urteil des BGH müsse er als Beamter respektieren, er wolle es aber nicht bewerten.Zuvor hatte die damalige Finanzministerin Wilma Simon (SPD) – sie war von 1995 bis 2000 im Amt – die Richter kritisiert und deren Wortwahl („sittenwidrig“) als „überzogen“ bezeichnet. Simon hatte angegeben, mit der Bodenreform im Grunde nicht befasst gewesen zu sein. An Details könne sie sich nicht erinnern.Bis zur Sommerpause Mitte Juli sollen im Untersuchungsausschuss weitere Zeugen gehört werden. Vorgesehen ist unter anderem, Referatsleiter und Referenten des Finanz-, Justiz- und Innenministeriums vorzuladen. Im September soll nach diesen Plänen Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) in den Zeugenstand treten. (Von Igor Göldner) – Märkische Allgemeine