Fachebene entschied allein. Bodenreform-Affäre: Klarheit über Verantwortung für Vorgehen / von Igor Göldner, MAZ, 11.02.2009
POTSDAM - Die Entscheidung des Landes Brandenburg für den folgenreichen Umgang mit Bodenreform-Fällen in den Jahren 1999 und 2000 traf allein die zuständige Fachebene im Finanzministerium. Das bestätigte gestern im Untersuchungsausschuss des Landtags der als Zeuge geladene Finanz-Abteilungsleiter Helmut Baesecke. Die politische Hausspitze – Minister und Staatssekretär – waren demnach über die Abläufe nicht im Bilde. In dieser Klarheit ist dies vor dem Untersuchungsausschuss erstmals deutlich geworden.Baesecke, der zum zweiten Mal vom Ausschuss gehört wurde, musste mehrere seiner Aussagen beeiden. Der Abteilungsleiter räumte ein, dass er für die umstrittene Vorgehensweise der sogenannten Vertreterbestellung verantwortlich ist. „Nach unserer Überzeugung war das ein zulässiges Instrument“, sagte Baesecke. Das Land hatte sich, weil am 2. Oktober 2000 Verjährung drohte, in rund 10 000 Bodenreform-Fällen anstelle der rechtmäßigen Erben selbst als Eigentümer von Grundstücken in die Grundbücher eintragen lassen. Dies war in einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) 2007 als „sittenwidrig“ eingestuft worden.Abteilungsleiter Baesecke bestätigte, dass auch über Alternativen für dieses Vorgehen zumindest nachgedacht wurde. Es sei erwogen worden, die Eigentumsansprüche des Landes mit Klagen vor Gericht prüfen zu lassen – zur Unterbrechung der drohenden Verjährung. Das Land hätte sich zum Vertreter der unbekannten Erben bestellt, dann aber Klage gegen sich selbst eingereicht. Dadurch wären die Eigentumsansprüche gegenüber unbekannten Erben eindeutig geklärt worden. Diese „Option“ wurde aber verworfen, sagte Baesecke. Er habe davon abgeraten: „Wir hätten mit Massenklagen die Gerichte zugeschüttet.” Er sprach von 6000 bis 7000 Klagen.Baesecke wies überdies eine Äußerung des CDU-Obmannes Dierk Homeyer zurück, der im Zusammenhang mit dem BGH-Urteil von „dramatischen Vorgängen“ sprach. „Ich habe die Vorgänge damals nicht als dramatisch bewertet und heute auch nicht“, sagte Baesecke. In vielen Fällen habe es keine Erben gegeben oder sie konnten nicht ermittelt werden.Vor Baesecke hatte Ex-Finanz-Staatssekretär Horst Mentrup ausgesagt und erstaunliche Gedächtnislücken offenbart. „Daran habe ich keine Erinnerung“, sagte der heutige Lotto-Geschäftsführer immer wieder auf Nachfragen. Die Zeugenbefragung ist mit dem gestrigen Tag beendet. Der Abschlussbericht soll Anfang April vorliegen. (Von Igor Göldner) MAZ, 11.02.2009