Klassenkampf gegen die Bauern: Die Zwangskollektivierung der ostdeutschen Landwirtschaft und ihre Folgen bis Heute
Metropol Verlag Berlin
2010
16,- €
50 Jahre nach dem Abschluss der Zwangskollektivierung der DDR-Landwirtschaft im Frühjahr 1960 haben die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Konferenz der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und für die Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur am 19. April 2010 eine gemeinsame Fachtagung durchgeführt. Dabei wurden sowohl die Vorgeschichte, die historischen Abläufe als auch die Folgen der Kollektivierung in den Blick genommen. Auch der Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft in Ostdeutschland haben wir Raum gegeben. Gerade in dieser Zusammenschau wird die Dimension des Themas erst erkennbar.
Die Umgestaltung der DDR-Landwirtschaft nach sowjetischem Modell folgte ideologischen Vorgaben: Es ging um die Eliminierung der Bauern als Klasse, um eine flächendeckende Proletarisierung des Bauernstandes. Auch nach 20 Jahren Deutscher Einheit und EU-Subventionen sind die kommunistisch geprägten Agrarstrukturen eine Herausforderung für die Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume Ostdeutschlands.
Derzeit gibt es wohl kaum ein deutsches Thema, bei dem das Missverhältnis zwischen der Dimension der Problemlage und der öffentlichen Aufmerksamkeit so groß ist, wie auf dem Feld der historischen und aktuellen Landwirtschaftssituation in Ostdeutschland. Dabei ist das Schicksal der bäuerlichen Landwirtschaft gleichermaßen ein Vergangenheits- und ein Zukunftsthema. Hermann Priebe schrieb in seinem Buch „Die subventionierte Unvernunft“ schon 1985: „Die bäuerliche Familienwirtschaft war die soziale und wirtschaftliche Grundlage aller geschichtlichen Hochkulturen.“
Mit dem Bauerntum erlischt das wohl einzige bewährte Lebens- und Arbeitsmodell kultivierter Gesellschaften, das individuelle Freiheit mit einer Begrenzung und Einordnung in die Naturzusammenhänge einer endlichen Welt organisch verbindet. Die Systemverbrechen der kommunistischen Diktatur und das Systemversagen unserer Demokratie haben in wenigen Jahrzehnten die Traditionslinien einer Lebenspraxis abgebrochen, die seit der Einführung der Ackerbaukultur vor etwa 8.000 Jahren Basis und Garant für eine nachhaltige Kulturentwicklung der Menschheit war.
Wie dieser destruktive Prozess in Ostdeutschland ablief und wie seine verheerenden Folgen bis heute befestigt und zugleich verschleiert werden, erfahren Sie aus den substanziellen Beiträgen des nun erschienenen Buches „Klassenkampf gegen die Bauern“, das ich allen am Schicksal der bäuerlichen Landwirtschaft Interessierten sehr ans Herz lege. Zunächst muss man den Tatsachen ins Auge sehen. Diese Klarheit soll aber nicht in die Resignation führen, sondern uns Kraft und Zuversicht geben, einer Revitalisierung bäuerlicher Strukturen den Weg zu bereiten.
von Michael Beleites