Die Vertuschung des Verkaufs fremden Eigentums --- von F. ZAPF
Geplante Enteignungen:
Am 4.12.1984 unterzeichnet Armeegeneral Erich Mielke die Ordnung Nr. 11 / 84 über die Übernahme, den Erwerb, die Abgabe und die Nachweisführung von Grundstücken durch das Ministerium für Staatssicherheit - Grundstücksordnung.
Der Minister der Finanzen erlässt am 9. 04.1985 die Zweite Durchführungsbestimmung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime vom 19.12.1973. Mit Datum vom 10.04.1985 verabschiedet der Minister der Finanzen eine Richtlinie zum Verkauf von Volkseigentum. Die Richtlinie endet mit dem bemerkenswerten Satz: „Die Hinweise und Erläuterungen des MdF vom 28.02.1974 zur Durchführung des Gesetzes vom 19.12.1973 über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke sind hiermit aufgehoben und zu vernichten.“
Das besondere an der zweiten DB und der Richtlinie sind:
a). eine starke Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens und
b). die Übertragung der Genehmigungserteilung vom Rat des Bezirkes auf den Rat des Kreises – eine Abänderung der Grundstücksverkehrsgenehmigung.
Am 2. Juli 1985 beschließen das ZK der SED und am 3. Juli 1985 der Ministerrat der DDR die geheime planmäßige Enteignung von Bürgern aus kap. Staaten. Der Rat des Kreises Strausberg legt mit Datum vom 17.01.1986 einen Arbeitsplan zur Enteignung von 60 Grundstücken zugunsten des VEB Gebäudewirtschaft, einem Betrieb des Rates des Kreises, vor. Um in zukünftigen Klassenauseinandersetzungen „hieb- und stichfest begründen zu können,“ wird im Bezirk Frankfurt / Oder wird am 11.04.86 eine gezielte Schulung der Mitglieder der Arbeitsgruppe „Vermögen“ zur planmäßigen Enteignung durchgeführt.
Vorbemerkung:
Dem Blatt 2 der Anweisung Nr. 4 / 87 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei vom 27. Oktober 1987 ist zu entnehmen, dass der Rechtsträger mit dem Eigentümer identisch ist.
Der Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken vom 7. Juli 1969, GBl. II Nr. 65 S. 433, legt unter 3a fest: „Der Rechtsträgerwechsel umfasst die Vereinbarung für die Übertragung des volkseigenen Grundstücks zwischen den beteiligten Betrieben, Organen und Einrichtungen durch schriftlichen Vertrag.
A Den Geheimen Beschlüssen der SED, veröffentlicht im Heft 1 des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, ist auf den Seiten 468 und 476 zu entnehmen, dass die Enteignungen unter Missbrauch des Baulandgesetzes, zielgerichtet für den Rat des Kreises, für das Ministerium für Staatssicherheit und für das Ministerium der Nationalen Volksarmee durchgeführt werden sollten.
B Der Seite 469 der Geheimen Beschlüsse ist der Grund für Manipulationen ungeahnten Ausmaßes zu entnehmen: hier wurde im Widerspruch zum Verkaufsgesetz vom 19. 12. 1973 (GBL. I Nr. 58 S. 578) und der dazugehörigen Durchführungsbestimmung vom 19. 12.1973 (GBl. I Nr. 59 S. 590) festgelegt, dass der Verkauf der enteigneten Grundstücke durch den Rat des Kreises zu erfolgen hatte. Untersuchungen im Kreis Bad Freienwalde hatten gezeigt, dass bis zum Inkrafttreten des Verkaufsgesetzes am 19. März 1990, die volkseigenen Grundstücke, die sich im Eigentum der Kreise befanden, auch vom Kreis oder seinen Betrieben veräußert wurden.
Im Verkaufsgesetz vom 7. März 1990 (GBl. I S. 157) und der dazugehörigen Durchführungsbestimmung vom 15. März 1990 (GBl. I S. 158) wurde noch einmal festgelegt, das volkseigene Gebäude nur von den Räten der Gemeinden bzw. den Räten der Städte zu verkaufen waren. Erst mit der Unterzeichnung des gemeinsamen Protokolls zum Staatsvertrag zwischen der DDR und der BRD vom 18. Mai 1990 wurde dem Verkauf von volkseigenem Grund und Boden zugestimmt. Dem Vertrag haben die Volkskammer durch Gesetz vom 21.6.1990 und der Bundestag durch Gesetz vom 25.6.1990 zugestimmt, d. h., dass erst nach 25.06.1990 hätte volkseigener Grund und Boden veräußert werden dürfen.
Da am 17. Mai 1990 mit Inkrafttreten der neuen Kommunalverfassung der DDR die alten Räte der Gemeinden untergingen, konnten die untergegangenen Räte einen schriftlichen Vertrag zum Eigentumswechsel vom Kreis an die Städte und Gemeinden nicht mehr abschließen. Durch die nach dem 18. Mai 1990 beginnenden Verkäufe von volkseigenem Grund und Boden durch die alten Räte, wurde der beim Enteignen angefangene Rechtsbruch im Mai / Juni 1990 unter der großen Koalition der DDR fortgesetzt. Die Städte verkauften nun das Eigentum der Kreise und Notare beurkundeten diese falschen Angaben. Da die Geheimen Beschlüsse in Potsdam, einer kreisfreien Stadt, erprobt wurden konnten diese nicht hieb- und stichfesten Enteignungen in den kreisangehörigen Gemeinden und Städten passieren.
C Gemäß § 3 Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (GBl. I S. 660 geändert durch Evert. BGBl. II S. 889) gehörte das Vermögen der dem Kreis gehörenden VEB Betriebe den Landkreisen. Um die Falschbeurkundungen und unberechtigten Verkäufe durch die Städte und Gemeinden zu vertuschen, wurden zielgerichtet Dokumente manipuliert:
Fall X Enteignen mit dem Baulandgesetz
Diese manipulierten Dokumente sind am Antrag auf Entzug des Eigentums zu erkennen. Wenn auf Antrag eines VEB Betriebes eine Stadt oder eine Gemeinde als Eigentümer (Rechtsträger) eingesetzt wurde, dann ist das Dokument manipuliert und die Enteignung nichtig.
Fall Y Enteignen nach der VO über die Rechte und Pflichten des Verwalters
Wenn auf der Vorderseite eines Vertrages der Rat der Gemeinde als Verkäufer und der Rat des Kreises als Käufer auftritt, auf der Rückseite die Gemeinde als Eigentümer (Rechtsträger) eingetragen ist, dann ist der Vertrag manipuliert und die Enteignung nichtig.
In beiden Fallgruppen durfte und wurde für die Räte der Kreise enteignet. Fehlt der schriftliche Vertrag zum Eigentümerwechsel zwischen Kreis und kreisangehöriger Stadt bzw. Gemeinde und ist das Dokument zum enteignen nichtig, so ist das Grundbuch falsch und müsste auf dem zivilrechtlichen Weg berichtigt werden.
D Noch im September 1990 setze das Ministerium der NVA, welches zum Verkauf von Volkseigentum nicht berechtigt war, den Befehl 44 /90 vom 29. März 1990 um und verkaufte Immobilien.
E Mit Hilfe vorgetäuschter Investitionen und ohne Anhörung der Betroffen wurde in den Jahren 1991 / 1992 restitutionsbehaftetes Eigentum des Kreises Strausberg durch falsche Angaben in den Verträgen durch Kreis und Stadt ohne Anhörung der Berechtigten zu Schleuderpreisen verkauft. Lehrmeister für diesen Rechtsbruch war der heutige Landtagspräsident Fritsch, dem das Gericht im Sommer 2006 im Fall Scheerer bestätigte, das sein Handeln mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun hat.