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Krisenlagen: Warum deutsche Exporterfolge nicht durchschlagen?


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Krisenlagen:

Warum deutsche Exporterfolge nicht durchschlagen? 

Es war beileibe kein  Paukenschlag, mit dem unlängst, abermals vergeblich, bundesdeutsche Politiker unsere Muttersprache als weitere Amtssprache innerhalb der EU zu reklamieren suchten. Aber niemand horchte auf, wohl weil die Intervention wohl dem behutsamen Kratzen mit einem Schneebesen als einem Donnerschlag auf dem Trommelfell der ansonsten ohnehin nur weithin nationalstaatlich ausgerichteten EU-Funktionären glich.  

Als jüngst in Lissabon das Fiasko von Nizza mit herzhaftem Schulterklopfen, zweckoptimistischem Strahlen und hoch gestreckten Zeigefingern als überwunden gefeiert wurde, resümierte Polens  Präsident Kaczynski triumphierend, sein Land „habe alles bekommen, was es sollte“. Dicke Extra-Würste gab es auch für London, Sofia, und Rom.  

Britannien erfocht sich Vorbehalte bei Problemen der inneren Sicherheit, Italien beharrte auf seinen bisherigen 785 Parlamentarien, obwohl nur noch 750 zugelassen werden sollten; es hätte dann erstmals weniger Sitze als Frankreich und England gehabt. Und endlich durfte Sofia den Euro weiterhin auf Kyrillisch buchstabieren, was dann in der Umschrift als „Evro“ gelesen werden kann.  

Die EU-Zentralbank hatte interveniert,  weil sie den Markennamen Euro als verhunzt ansah.  

Damit sind wir wieder bei dem denkwürdigen Einganspunkt angelangt: Warum darf Bulgarien etwas verlangen und dann auch erhalten, was der BRD nicht gestattet wird?   Dabei leben zunehmend stärker fast all diese EU-Mitgliedsländer von den deutschen Exportüberschüssen: 2004 war die Leistungsbilanz der EU-Währungsunion(gemeint sind Warenhandel, Dienstleistungen usw.) noch mit 60, 7 Mrd. Euro im Plus, 2006 aber bereits mit 9, 7 Mrd. Euro in Minus. Dies aber nur dank deutscher Überschüsse in der Leistungsbilanz, die knapp 117 Mrd. Euro betrugen. Noch beeindruckender ist die deutsche Handelsbilanz: 2006 exportierte die BRD für 162 Mrd. Euro mehr als sie importierte. Dies heißt nunmehr nichts anderes, als dass ohne den deutschen Beitrag die Außenbilanz der EU sich der US-amerikanischen annähern würde, nämlich ins Bodenlose zu fallen. 

Zugleich wird immer deutlicher, dass die D-Mark, anders als der Euro (Garant für niedrige Zinsen usw. war),  jegliche Erfolge der deutschen Volkswirtschaft insgesamt zuzuführen vermochte, womit jeder deutsche Exporterfolg zugleich verstärkend als Konjunkturspritze auf die einheimische Industrie wirkte. Professor Wilhelm Hankel,  meint dazu: „Diesen Beitrag des deutschen Exportsektors für die eigene Binnenwirtschaft hat der Euro gründlich zerstört“. 

Insofern entspringen Vorstöße, etwa Altersrenten erst ab 70 Jahren zu zahlen, ebenso wie die extrem kostenaufwendigen Militäreinsätze der Bundeswehr im Ausland (und zudem außerhalb des Nato-Gebietes) nicht extrem volksfernen egozentrischen Köpfen, sondern versuchen den Bürger daran zu gewöhnen, dass es weder mit den Staatsfinanzen noch mit den Einkünften eines jeden Bürgers günstiger kommen wird. 

Wie Wilhelm Hankel u. a. in seinem neuesten Buch („Die Euro-Lüge… und andere volkswirtschaftliche Märchen“, Signum Verlag München/Wien 2007, 19,90 Euro) ausgerechnet hat, beträgt etwa das spanische Leistungsbilanzdefizit 8,6 % des Bruttoinlandsprodukts.    

Der Inflationsvorsprung von Griechenland, Spanien und Portugal  vor BRD/Österreich und Benelux wächst sprunghaft an; selbst Industrieland Frankreich siecht wirtschaftlich, während Sarkozy gleichwohl versucht, erneut den Schaft des Sternenbanners noch tiefer in Frankreichs Boden zu rammen.  

Kaum eine Geste von Souveränität, die leider auch Frau Merkel fremd zu sein scheint: hochrangige US-Wirtschaftsdelegationen umgingen unlängst einfach die Kanzlerin, um kurzerhand gleich bei den Frankfurter Großbanken vorstellig zu werden, um ihnen unmissverständlich Geschäfte mit Iran zu verbieten. Keine politisch vernehmbare Gegenstimme zu diesem Coup, nur die FAZ maulte: „Weder erfolgte ein Protestgeschrei der deutschen Wirtschaft, noch erhebt die Bundesregierung Einspruch. Weiß die Bundesregierung überhaupt, wann und welche amerikanischen Regierungsvertreter Deutschland ihr Besuche abgestattet haben? Kennt sie Inhalt und Ergebnisse dieser Gespräche? Viel Phantasie braucht es nun nicht mehr, sich vorzustellen, dass nach den Banken die Industrie an die Reihe kommt“. Wenn wundert das noch, wenn bundesdeutsche Politik Selbstbestimmung mit Selbstgefälligkeit verwechselt?                                                 

Peter Fischer