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Unternehmer wirft Brandenburg Willkür vor ----Berl.-Morgenpost


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von G. Mallwitz

Klage

Unternehmer wirft Brandenburg Willkür vor

Der Skandal um die Aneignung von 10.000 Bodenreform-Grundstücken ist für Unternehmer Peter Niedner nur ein Beleg für seine These: Brandenburgs Behörden handeln willkürlich und beugen mitunter sogar das Recht. In seinem Fall hat er das Land nun auf 43 Millionen Euro Schadenersatz verklagt.

Von Gudrun Mallwitz

Der Unternehmer Peter Niedner aus dem oberbayerischen Bad Wiessee wirft Brandenburg fragwürdige Methoden im Umgang mit Unternehmern vor. Im Land, so der Ingenieur, herrsche "Behördenwillkür bis zur Rechtsbeugung". Dabei geht es ihm nicht um den Bodenreform-Skandal, in dem der Bundesgerichtshof beschied, dass die Landesregierung sich unter dem früheren Regierungschef Manfred Stolpe - aber auch noch unter Platzeck - jahrelang sitten- und damit rechtswidrig bis zu 10.000 Grundstücke angeeignet hat.

Niedner sieht mit dem Urteil der Bundesrichter aber seine These bestätigt. Der einstige Vorstandschef von Triumph-Adler und ehemalige VW-Manager fühlt sich durch eine andere, lange zurückliegende Fehlentscheidung des Finanzamtes Calau vom Land um ein Vermögen geprellt - und verlangt 43 Millionen Euro Schadenersatz. Das Land hat die Forderung 2004 abgelehnt. Doch Niedner gibt nicht auf: Am 10. März wird vor dem Landgericht Cottbus erneut verhandelt.

Der inzwischen 74 Jahre alte Unternehmer beruft sich im Verfahren quasi auf DDR-Recht. Denn unter Regierungschef Manfred Stolpe hatte das Land einen Passus aus dem Staatshaftungsrecht der DDR übernommen. Danach reicht es in Brandenburg aus, den Zusammenhang zwischen staatlicher Entscheidung und einer daraus resultierenden unternehmerischen Schieflage herzustellen, um auf Schadenersatz hoffen zu können. In Deutschland haften Behörden sonst nur für Fehler, wenn der Behörde und ihren Mitarbeitern Vorsatz nachgewiesen werden kann.

Seine Geschichte klingt abenteuerlich: 1992 hat der westdeutsche Unternehmer das riesige stillgelegte Glaswerk in Großräschen südwestlich von Cottbus von der Treuhand übernommen und wollte 500 Arbeitsplätze schaffen. Auf dem Gelände plante er, mit einer neuartigen Technologie ultraleichte Mineralschäume namens KeraGlas für die Bau- und Autoindustrie herzustellen.

Unternehmer erwachsen Steuernachteile in Millionenhöhe

Der Ingenieur führte in Bayern ein Institut für Technologie und Umwelt und wollte sich im Osten engagieren: Die Deuba Glas Großräschen sollte als Lizenznehmerin den Werkstoff herstellen. Es war die Zeit der Glücks- und Raubritter nach dem Mauerfall, doch nichts deutete darauf hin, dass der Investor zu ihnen zählte. Im Dezember 1994 aber entzog das Finanzamt Calau Peter Niedner urplötzlich den Status als Unternehmer und stufte sein Millionenprojekt als Liebhaberei ein. Die Finanzbeamten verweigerten ihm die Verrechnung der Vorsteuer.

"Die Steuernachteile, die daraus erwuchsen, gingen in Millionenhöhe. Sie haben der GmbH den Todesstoß versetzt", sagt Niedner heute. 1996 ging das Unternehmen in die Insolvenz. Die Beamten hätten seiner Meinung nach sogar das Steuergesetz gebrochen und Unterlagen an die Treuhand weitergegeben, mit der Niedner wegen der Altlastensanierung auf dem Grundstück im Streit lag. Der gegen ihn geäußerte Verdacht auf Subventionsbetrug bestätigte sich aber nicht.

Ende 2000 schrieb das Finanzamt Calau erneut. Die Unternehmereigenschaft werde wiederhergestellt. Da war es längst zu spät. Peter Niedner kommt seit seinen ersten Kontakten mit Brandenburger Behörden aus dem Staunen nicht mehr heraus. "Wir haben um die 50 Bescheide erhalten, von denen sich die meisten widersprachen." Der Mann fühlt sich verschaukelt - vom Finanzamt Calau, aber auch vom Finanzministerium als Aufsichtsbehörde. "Beide haben mich jahrelang ausgebremst." Heute wirft Niedner den Behörden sogar vor, Unterlagen unterschlagen zu haben und andere Akten für ihre Bescheide zu verwenden.

Bundesfinanzhof gibt Peter Niedtner recht

Das Finanzministerium will sich zum Fall Niedner nicht äußern. Ein Sprecher verweist auf das laufende Verfahren und die anstehende Verhandlung. Das Landesfinanzgericht hat dem einstigen Investor inzwischen bescheinigt, dass ihm zu Unrecht die Unternehmerschaft entzogen wurde. Dort hatte Niedner 2002 gegen Umsatzsteuer-Rückforderungsbescheide des Finanzamtes Calau von rund 800.000 D-Mark geklagt. Auch der Bundesfinanzhof gab Niedner in vollem Umfang recht.

Sein Sohn Hans-Ulrich Niedner, Mitgesellschafter der Deuba Glas GmbH, hat Ministerpräsident Platzeck jetzt einen Brief geschrieben. Darin verweist er darauf, dass in der Nachwendezeit etwa ein Dutzend Gründerunternehmer unter der damaligen Finanzministerin Wilma Simon (SPD) in die Insolvenz getrieben wurden - nur weil sie die ihnen gesetzlich zustehende Vorsteuererstattung beanspruchten - aber nicht bekamen. Die Abteilung 1 der Finanzverwaltung habe sich über alle rechtsstaatlichen Regeln und das Steuergesetz hinweggesetzt. "Das Justiziariat des Finanzministerium treibt seither den Schaden in immer größere, zweistellige Millionen-Euro-Höhe", heißt es in dem Brief an Platzeck.

Für Peter Niedner zeigt sein Fall durchaus Parallelen zum rechtswidrigen Umgang mit Bodengrundstücken. "Stur durch" - das sei hier wie dort die Devise der Behörden. "Wäre Brandenburg ein eigenständiges Land, würde es die Kriterien für die Aufnahme in die EU nicht erfüllen", sagt Peter Niedner, und der Mann meint es durchaus ernst.

Stand: Montag, 3. März 2008, 09:49 Uhr

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