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Schwarzbuch

von Kraus Peter Krause : Der ungesühnte Raubzug


Von Dr. Klaus Peter Krause

Vielen tausend einstigen DDR-Bürgern hat eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) gegen das Land Brandenburg endlich Genugtuung beschert. Das Land muss Grundstücke wieder herausrücken, die es sich bis Oktober 2000 rechtswidrig angeeignet hatte. Es geht um einstiges „Bodenreformland“. Diese Bürger hatten das Land noch zu DDR-Zeiten geerbt, und die meisten ursprünglichen Eigentümer, denen dieses Land wegen der politischen Verfolgung von 1945 bis 1949 weggenommen worden war (Alteigentümer), hatten nach der Wiedervereinigung auf die Rückgabe dieser Teile ihres damaligen Eigentums zugunsten jener DDR-Bürger verzichtet.

Aber von 1996 an hat der Fiskus der fünf neuen Bundesländer den meisten Erben das Land wieder abgenommen. Er gab sich, gestützt auf ein Gesetz von 1994, als „besserberechtigt“ aus und stellte die Erben als „nicht zuteilungsberechtigt“ dar. So wurden sie gezwungen, ihren Grund und Boden, also meist den wesentlichen Teil ihres kleinen Vermögens, an den Staat abzutreten - unentgeltlich.

Aber den Ländern gelang es nicht immer, die Erben, denen sie die Grundstücke wieder wegnehmen wollten, rechtzeitig ausfindig zu machen. Das nämlich musste vor dem 2. Oktober 2000 geschehen sein. Die Frist hatte den Sinn, Rechtsfrieden herzustellen. Da die Länder sahen, dass sie es bis dahin nicht immer schaffen würden, alle Erben zu finden, verfielen sie auf die Idee, sich zum gesetzlichen Vertreter dieser Erben bestellen zu lassen. In dieser Vertretereigenschaft übertrugen sie die Grundstücke kurzerhand an sich selbst  und ließen sich im Grundbuch als Eigentümer eintragen.

Diese Form der fiskalischen Bereicherung hat jedoch die BGH-Entscheidung (V ZR 65/07 vom 7. Dezember 2007) als rechtswidrig verworfen. Sie hat Präzedenzwirkung für die anderen vier Länder, die ebenso vorgegangen waren. Endlich einmal ein Sieg des Rechts.

Allerdings nur ein kleiner. Denn nach wie vor ist der eigentliche staatliche Raubzug ungesühnt. Es ist der größte rechtsstaatswidrige Raubzug, den die Bundesrepublik Deutschland begangen hat, seit sie besteht. Ein Raubzug gegen das private Eigentum deutscher Bürger, ins Werk gesetzt mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 durch die Bundesregierung unter Kanzler Helmut  Kohl und fortgesetzt von den Regierungen, die ihr folgten.

Die Opfer des Raubzugs sind jene Familien, die 1945 bis 1949 in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) von den Kommunisten politisch verfolgt worden sind. Teil dieser Verfolgung war, dass ihr gesamtes Eigentum verstaatlicht wurde. Das Ziel der Kommunisten damals war, das gehobene Bürgertum (darunter Unternehmer-, Gutsbesitzer- und Adelsfamilien) als “Klassenfeind” zu vernichten. Sie beschuldigten es zum Vorwand pauschal als „Nazi-Aktivisten und Kriegsverbrecher“ – in Form von Sippenhaft auch die Frauen und Kinder. Sie vertrieben diese Menschen, kerkerten sie ein, deportierten sie, brachten sie um und entzogen ihnen sämtliches Eigentum. Die Enteignung gaben sie verschleiernd und täuschend als „Boden- und Industriereform“ aus. Diese Verfolgung war unbestreitbar grob menschenrechts- und rechtsstaatswidrig.

1990 kollabierte die DDR. Sie trat der freiheitlich-demokratischen Bundesrepublik bei und ging bei dieser Wiedervereinigung unter. Seitdem ist es möglich, an den Opfern das damalige Unrecht wieder gutzumachen. Wiedergutmachen bedeutet, sie wegen der falschen Beschuldigung  zu rehabilitieren und ihnen die einst entzogenen und in Staatshand befindlichen Vermögenswerte zurückzugeben.

Diese Wiedergutmachung wird ihnen bis heute verwehrt - nicht von den gesetzlichen Regelungen,  denn diese ermöglichen und gebieten es, aber von der politischen Führung (Parteien, Bundestag, Regierung). Doch ebenso von den Gerichten, die ihre Entscheidungen am Willen der politischen Führung ausrichten, auf diese Weise Gewaltenteilung aushebeln und das Recht beugen. Daher fühlen sich die damaligen Opfer auch jetzt noch ausgegrenzt und verfolgt, also noch immer als Opfer.

Die Rückgabe wurde und wird ihnen verweigert, weil sich der Staat, obwohl er sich Rechtsstaat nennt,  aus fiskalischen Gründen an ihrem Eigentum bereichern wollte. Er verkaufte und verkauft es und steckt den Erlös ein. Er verweigert den Opfern auch die Rehabilitierung, obwohl sie einen gesetzlichen Anspruch darauf haben. Würden sie nämlich rehabilitiert, würde das als Rechtsfolge auch die Eigentumsrückgabe auslösen. Die aber ist aus fiskalischen Gründen nicht gewollt.

Ursprünglich gedachte die Regierung Kohl, mit diesem Erlös die Kosten der deutschen Wiedervereinigung zu finanzieren. Sie wollte die Steuern nicht erhöhen müssen, um die ersten gesamtdeutschen Wahlen zu gewinnen. Die Wahlen gewann sie, aber die fiskalische Rechnung ging völlig daneben: Der Raubzug hat  den Fiskus weit mehr gekostet als eingebracht. Die Vermögenswerte sind unter den Staatshänden zu einem immensen Zuschussgeschäft geworden. Die Folge: Steuererhöhungen.

Mit dieser schweren Verletzung seiner rechtsstaatlichen Pflicht hat der „Rechtsstaat“ Bundesrepublik Deutschland die damaligen Enteignungen wiederholt und bekräftigt und die damit verbundenen anderen grob rechtsstaatswidrigen Vergehen der SBZ-Kommunisten nachträglich gebilligt und verfestigt, weil er den Unschuldigen die Rehabilitierung verweigert. In den Jahren zuvor hatte er das kommunistische Unrecht als solches noch gebrandmarkt und den Opfern versprochen, deren Recht wieder herzustellen, sobald das möglich sei. Aber als es dann möglich war, hat er seine Bürger, die Opfer dieser Menschenrechtsverletzungen, verraten und damit auch sein eigenes Recht und Rechtsversprechen.