WiROZ

Schwarzbuch

Fakten zum Thema Agrarstruktur in Ostdeutschland - von Klaus Kemper


Die gegenwärtige Diskussion über die von der EU geplanten Kürzung der Agrarsubventionen und insbesondere die Reaktion darauf in der ostdeutschen Landwirtschaft belegt einmal mehr, in welch hohem Maße ausgerechnet die angeblich so wettbewerbsfähigen Großstrukturen von eben diesen Subventionen abhängig sind.

Nicht einmal in dem für die deutsche Landwirtschaft dank überdurchschnittlich hoher Getreide- und Milchpreise besonders günstigen Wirtschaftsjahr 2007/08 war die große Mehrheit der ostdeutschen Großbetriebe ohne Subventionen in der Lage einen Gewinn auszuweisen. Vielmehr hätten die im Durchschnitt rund 1.238 Hektar großen Juristischen Personen ohne Subventionen einen Verlust von rund 294.000 Euro und die Gruppe der im Durchschnitt rund 2.800 Hektar großen Betriebe unter ihnen sogar einen solchen von über 500.000 Euro ausweisen müssen. Demgegenüber haben die mit durchschnittlich 55 Hektar ausgesprochen mittelständisch strukturierten westdeutschen Haupterwerbsbetriebe, obwohl keineswegs schon optimal wirtschaftend, im selben Wirtschaftsjahr auch ohne Subventionen immerhin noch einen Betriebsgewinn von rund 35.600 Euro erzielt.

Das immer wieder vorgebrachte Argument, die Gefährdung der ostdeutschen Agrarstruktur würde den Verlust von unzähligen Arbeitsplätzen bedeuten, ist genauso unhaltbar, wie die Behauptung von der besonders hohen Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Großstrukturen in der deutschen Landwirtschaft. Im Gegenteil hat schon das krampfhafte Festhalten an der ostdeutschen Agrarstruktur nach 1990 zu einem überdurchschnittlich hohen Arbeitsplatzverlust und einer entsprechend extrem hohen Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands geführt. Nach 1990 sind in der ostdeutschen Landwirtschaft dadurch nahezu 800.000 Arbeitsplätze verloren gegangen.

Und so werden heute in der ostdeutschen Landwirtschaft mit zwischen 1,6 und 1,8 Arbeitskräften je 100 Hektar beschäftigt. Der durchschnittlich nur 55 Hektar große westdeutsche Betrieb beschäftigt demgegenüber 4,5 Arbeitskräfte je 100 Hektar. Eine Veränderung der ostdeutschen Agrarstruktur hin zu einer ähnlich mittelständischen Landwirtschaft mit einem entsprechend vielseitigen Produktionsspektrum, wie wir es heute schon in der westdeutschen Landwirtschaft vorfinden, würde also nicht zu weniger, sondern zu mehr Arbeitsplätzen führen. Hinzu kommt, dass die kleinen westdeutschen Betriebe ohne Subventionen pro Arbeitskraft ein deutlich höheres Be-triebseinkommen (Gewinn plus Lohn) erwirtschaften. Es lag 2007/08 im Durchschnitt mit rund 18.800 Euro um immerhin fast 7.000 Euro über dem der Juristischen Personen. Und dabei wurde dieses Betriebseinkommen auf der Vergleichsbasis von 100 Hektar für 4,5 Arbeitskräfte erwirtschaftet, während die ostdeutschen Großbetriebe ihre durchschnittlich 11.800 Euro lediglich für 1,8 Arbeitskräfte erwirtschaftet haben.

(Quelle der Zahlen: Bundeslandwirtschaftsministerium: Buchführungsergebnisse der Testbetriebe für das Wirtschaftsjahr 2007/08)