Für Politiker und Landesbedienstete bleibt die Bodenreform-Affäre ohne juristisches Nachspiel/MOZ
In der Bodenreform-Affäre hat die Staatsanwaltschaft Potsdam es erneut abgelehnt, Ermittlungen gegen Verantwortliche wegen des Verdachts der Untreue einzuleiten. Es gebe nicht genügend Anhaltspunkte für eine Straftat, teilte die Behörde zur Begründung mit.
Nachdem bereits eine frühere Strafanzeige der Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) abgewiesen worden und auch ein daraufhin angestrebtes Klageerzwingungsverfahren aus formalen Gründen gescheitert war, nahm der Potsdamer Rechtsanwalt Thorsten Purps am 20. August einen weiteren Anlauf. Er erstattete Strafanzeige gegen Brandenburgs ehemaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD), die ehemalige Finanzministerin Wilma Simon (SPD) und mehrere Landesbedienstete wegen des Verdachts der Untreue, der veruntreuenden Unterschlagung und anderer Straftaten. Beauftragt worden war Purps diesmal von den Brüdern N. aus Strausberg (Märkisch-Oderland) - zwei direkt Betroffenen der Bodenreform-Affäre. Sie hatten die Umgangsweise des Landes Brandenburg mit Bodenreformland-Erben im Dezember 2007 bis vor den Bundesgerichtshof gebracht. Um einer Verjährungsfrist zu entgehen, hatte sich der Brandenburger Fiskus im Jahr 2000 in rund 10 000 Fällen zunächst als Bevollmächtigter vermeintlich unbekannter Erben von Bodenreformland eingesetzt und sich dann selbst die Grundstücke übertragen. In einer Aufsehen erregenden Entscheidung bezeichnete der zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofes ein solches Vorgehen als "sittenwidrig" und "eines Rechtsstaates unwürdig". Ein Untersuchungsausschuss des Landtages versucht derzeit, die Vorgänge, die unter der Stolpe-Regierung ihren Anfang nahmen und unter dem heutigen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) fortgeführt wurden, aufzuklären.
Doch die Justiz will an die strafrechtliche Prüfung offenbar nicht ran. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft stellt zwar eine "gravierende Pflichtverletzung" seitens der Landesbediensteten fest, weil sie als Vertreter der Erben die unentgeltliche Übertragung des Bodenreformeigentums an das Land Brandenburg erklärten, ohne die Erben und deren Ansprüche zu erkennen. Damit hätten sie "ungeprüft und objektiv gegen das wohlverstandene Interesse des Vertretenen gehandelt". Doch fehlten "jegliche Anhaltspunkte für vorsätzliches Handeln", so die Potsdamer Staatsanwaltschaft. Und schlussfolgert: "Für eine Anstiftung zur Untreue durch Vorgesetzte in den Grundstücks- und Vermögensämtern oder Verantwortliche im Ministerium der Finanzen oder der Staatskanzlei ist mangels einer vorsätzlich begangenen Haupttat kein Raum. Anstifter ist nur, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt."
Während Rechtsanwalt Purps nun prüft, ob er Beschwerde gegen die Ablehnung eines Ermittlungsverfahrens einlegt, spart die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum nicht mit Kritik an der Landesregierung. Auch nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes habe man die Erbenermittlung nie ernsthaft betrieben, wirft ARE-Chef Manfred Graf von Schwerin dem Finanzministerium vor. "Statt professionelle Ermittler einzusetzen und die Unterlagen zu nutzen, die in den Archiven des Landes und der Kreise liegen, versucht Potsdam mit einer dilettantischen Anzeigenkampagne den Eindruck zu erwecken, es sei tätig", so von Schwerin. Für ihn ist das "schon wieder ein Fall für den Landesrechnungshof". Der müsse sich dringend der Frage widmen, welche Kosten die bundesweite Anzeigenkampagne verursacht und welchen Nutzen sie gebracht habe.
Mittwoch, 29. Oktober 2008