Resümée aus dem Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg vom 30.03.2005
So enttäuschend das Urteil für viele Betroffene (berechtigterweise) auch sein mag, so wichtig ist es, jetzt nicht zu resignieren und unseren Staat weiter entschädigungslos mit Ihrem Eigentum wirtschaften zu lassen, sondern weitere mögliche Schritte zu unternehmen.
Der Gerichtshof meint, er sei für die Entscheidung über die eingebrachten Fragen nicht zuständig. Damit bleibt also die Bundesrepublik selbst dafür zuständig. Weder ein Rückgabeverbot noch das Verbot der Nachbesserung der Entschädigung wurde ausgesprochen. Also muß die Bundesrepublik auf innerstaatlicher Grundlage zur Verbesserung veranlaßt werden.
Die Beschwerde sei weiter unzulässig, da die Beschwerdeführer die berechtigte Erwartung auf eine angemessene Entschädigung nicht ausreichend dargelegt hätten.
Nicht geprüft wurde, ob eine solche Erwartung unter Beachtung der Empfehlungen im Vorfeld zur Gesetzgebung des EALG gegeben war. Der ursprüngliche Sinn und Charakter des EALG wurde nicht untersucht und ist in der Tat Bundesangelegenheit.
Im übrigen hat nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jeder einzelne befaßte Richter die Verfassungsmäßigkeit des von ihm anzuwendenden Gesetzes selbst zu prüfen und zu beurteilen.
Danach gibt es nur eines: den Kampf auf der Ebene der Entschädigungsbescheide fortzuführen. Diese Bescheide sind bisher liegen geblieben bis zur Straßburger Entscheidung; wichtig ist jetzt, die Ergebnisse nicht unkontrolliert hinzunehmen, sondern erneut die Verfassungswidrigkeit des EALG geltend zu machen unter Beachtung seiner Grundlagen.
Auch hier gilt wieder: die Menge macht's. Möglichst viele Betroffene, die in den nächsten Wochen diesen Bescheid erhalten, sollten dagegen Widerspruch einlegen bzw. Klage erheben, um die (politische) Breitenwirkung zu erzielen.
Eine Erfolgsaussicht dürfte jedenfalls gegeben sein, denn bereits vor der Straßburger Entscheidung zeichnete sich ab, daß z.B. das Verwaltungsgericht Berlin in einem Entschädigungsverfahren durchaus von einer positiven Entscheidung im Sinne einer Verbesserung des EALG ausging! Auch andere Gerichte haben so gedacht, also muß dieser Weg konsequent weiterverfolgt werden.
Damit die Betroffenen selbst jedoch schon vorzeitig in den Genuss ihrer (geringen) "Entschädigung" kommen, werden wir versuchen, eine vorfristige Einlösung der Ansprüche durch einen finanzkräftigen Partner auszuhandeln. Hierüber zu gegebener Zeit mehr.
Wer an dieser Vorgehensweise grundsätzlich Interesse hat, möge sich umgehend bei der ARE oder der Unterzeichnerin melden.
Daneben kommt auch die Antragstellung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Betracht, dessen Anwendbarkeit nicht ausgeschlossen ist und vor allem nicht verfristet ist. Da die Antragstellung aber bis zum Ende des Jahres 2007 noch möglich ist, kann hier zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung nach dem Straßburger Urteil abgewartet werden. Wichtig ist aber, daß alle Betroffenen, die sich in einem jetzt laufenden Verfahren befinden, eine Entscheidung von Behörde oder Gericht nicht rechtskräftig werden lassen, da die Gefahr besteht, daß sie später nicht mehr in ein bereits abgeschlossenes Verfahren hineinkommen.
gez. C. Wildgans
- RA'in, Grimmen -