Erklärung zum Stand der Entwicklung der "Bodenreform-Affäre" und der Rolle der brandenburgischen Justiz 2008-2009
Ausgangspunkt ist hierbei der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 07.08.2008 , in dem strafrechtliche Ermittlungen gegen verantwortliche und Bedienstete des Landes im Skandal um die illegale Übereignung von Bodenreformland abgelehnt werden. Hierzu nahmen wir, die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) und der Bund der Neusiedlererben (BNE) unmittelbar wie folgt Stellung.
„Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat uns bescheinigt, dass wir als „Interessenverband“ nicht berechtigt seien, die skandalträchtige Vorgehensweise des Landes Brandenburg in einem so genannte „Anklageerzwingungsverfahren“ überprüfen zu lassen.
Damit ist die „Bodenreformaffäre“ und deren Aufklärung jedoch noch längst nicht beendet. Der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts lässt nämlich ausdrücklich offen, ob nicht doch aufgrund eines bestehenden Anfangstatverdachts die Ermittlungen wieder aufgenommen werden müssen. Damit ist das strafrechtliche Verfahren keinesfalls abgeschlossen, da nunmehr unmittelbar Betroffene die Strafanzeige erstatten werden. Wir stehen.. .. in Kontakt mit geschädigten Neusiedlererben, die die Staatsanwaltschaft einschalten werden.
Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Auswertung zahlreicher Ermittlungsakten hat die ARE keinen Zweifel daran, dass der hinreichende Tatverdacht der Veruntreuung sowie des Betrugs von der Staatsanwaltschaft bestätigt werden können. Unser Verfahrensbevollmächtigter, Rechtsanwalt Dr. Thorsten Purps, ist hierbei zwischenzeitlich auf eine direkte Korrespondenz zwischen dem Innenministerium und dem Finanzministerium von Anfang 2000 gestoßen, die die Grundlage für die skandalträchtige sogenannte „Freistellungserklärung“ darstellt.
Es lässt sich anhand dieser Korrespondenz eindeutig nachweisen, dass unter Vorspiegelung falscher Tatsachen das Finanzministerium Zusicherungen abgegeben hat, die laut BGH-Urteil vom 07.12.2007 (Aktenzeichen V ZR 65/2007) wissentlich unrichtig waren.
Die Begründung des Beschlusses des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hält insoweit die Möglichkeit offen, in der Sache noch einmal den hinreichenden Tatverdacht durch die zuständigen Stellen zu überprüfen und Anklage gegen die maßgeblich handelnden Personen zu erheben. Somit ist ein neues Kapitel in der Aufklärung und Aufarbeitung der „Brandenburger Bodenaffäre“ aufgeschlagen worden.“ -
In der Zwischenzeit sind weitere Bemühungen zur Aufhellung der Affäre durch das Verhalten der brandenburgischen Justiz vorerst- und womöglich gezielt – vereitelt worden.
Immerhin steht fest, dass bereits am 27.07.2006 die Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft in Potsdam einging. Die später vom BGH als sittenwidrig bezeichnete Vorgehensweise des Landes Brandenburg war der Staatsanwaltschaft somit frühzeitig bekannt. Sie ließ den gesamten Aktenvorgang jedoch über 18 Monate unbearbeitet liegen. Erstmals mit Schreiben vom 31.01.2008 teilte die Staatsanwaltschaft dem Verfahrensbevollmächtigten der Anzeigeerstatterin (ARE) mit, dass man aus aktuellen Pressemitteilungen entnommen habe, dass bisher kein Aktenzeichen im Verfahren bekannt gegeben wurde. Wörtlich heißt es: „Dies habe ich überprüft und festgestellt, dass entgegen den üblichen Gepflogenheiten bedauerlicherweise eine Aktenzeichenmitteilung an Sie nicht erfolgt ist“
Effektiv wurde erst zu diesem Zeitpunkt nach der öffentlichen Berichterstattung über das Urteil des BGH die Vorermittlungen aufgenommen. Wie wir nunmehr erfahren, hat das Brandenburgische Oberlandesgericht mit dem aktuellen Beschluss vom 23.03.2009 die Anweisung des Anklageerzwingungsantrages nach erfolgter Einstellung durch die Staatsanwaltschaft u.a. damit begründet dass eine „Verfolgungsverjährung“ eingetreten sei. Interessant ist hierbei, dass durch die Untätigkeit der Staatsanwaltschaft die Verfolgungsverjährung überhaupt erst eingetreten konnte, wie sich eindeutig aus dem Beschluss des OLG entnehmen lässt.
Nach Einschätzung der Brandenburger Richter war im konkreten Fall Netzel die Verjährung der Straftaten erst am 02.06.2007 eingetreten, da fünf Jahre zuvor durch Eintragung im Grundbuch die Straftat vollendet war. Hätte somit die Staatsanwaltschaft unmittelbar nach Eingang der Strafanzeige am 27.07.2006 die Ermittlungen aufgenommen, wäre die Verjährung nicht eingetreten. Umso mehr überrascht es daher, dass gerade der Generalstaatsanwalt Rautenberg sich so frech in Szene setzt. Es ist seine Behörde, die trotz des bekannten Sachverhalts die Verjährungsfrist verstreichen ließ. Dass Rautenberg jedoch nun den BGH öffentlich diffamiert ( „Moralapostel “ etc.), soll wohl Täter als Opfer bemitleiden und von seinen nicht eingehaltenen Pflichten ablenken.So wurde er denn auch u.a. von der Justizministerin scharf gerüffelt.
Bis heute wurde in der Sache weder von einem Staatsanwalt noch von einem Richter die strafrechtliche Überprüfung der sittenwidrigen Schädigung durch das Land Brandenburg zum Abschluss gebracht. In dem sicheren Gefühl, noch einmal mit einem „ blauen Auge“ davongekommen zu sein, werden sich die Akteure nunmehr die Frage stellen lassen, ob sie nicht ihrerseits sogar eine Strafvereitelung im Amt zu verantworten haben. Damit wird ein weiteres Kapitel in der Bodenreformaffäre geöffnet.
ARE und BNE werden sich weiterhin ausdauernd dafür einsetzen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, dass die Betroffenen endlich zu ihrem Recht kommen und dass der Schaden, der für das Ansehen des Landes und für den Rechtsstaat entstanden ist, beseitigt oder zumindest gemildert wird.
Manfred Graf v. Schwerin
ARE-Bundesvorsitzender Potsdam,
April 2009