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A R E - Kurzinformation
A R E - Kurzinformation - Serienfax-/e-mail-Kette Nr. 111 vip-10. Mai. 2006
Liebe, sehr geehrte ARE-Mitglieder und -Freunde,
Sehr geehrte Mitglieder der Mitgliedsverbände der ARE,
Mitstreiter für Gerechtigkeit, Rechtsstaat, Recht, Eigentum und Wiedergutmachung,
Den Neu-Teilnehmern an der Kette: herzlich willommen!
Da Sie in diesen Tagen einige neue Einladungen und Hinweise zu Veranstaltungen gesondert erhalten, soll Ihnen hier zunächst nur – in der Nacharbeit zum Jubiläumskongreß - ein Auszug aus dem Beitrag von Frau Wildgans übermittelt werden. Dies zwar nicht, um den Ihnen nicht unbekannten Horror-Informationen zur neudeutschen Entwicklung neue Szenarien hinzuzufügen und einige von Ihnen zu demoralisieren, sondern um klarzustellen, daß offensiver Widerstand gegen diese Zustände zur Pflicht als Staatsbürger geworden ist. Über Ideen und Facetten des Widerstands in Varianten in Kürze. ARE-verstärkt offensiv!
Hier also nun zum Beitrag Wildgans:
Zusammenfassung des Vortrags anläßlich des 10.Bundeskongresses der ARE in Borken/ Hessen am 22.04.2006
Von Rechtsanwältin und Mediatorin Catherine Wildgans / Berlin und Grimmen/Vorp.
Die Beiträge von Herrn Dr. Wasmuth und Herrn Dr. Purps, behandelten vorrangig die Frage, ob die Probleme des SBZ/DDR-Unrechts eher bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg oder bei den nationalen Gerichten weiterzuverfolgen sein bzw.dort verstanden werden würden. Während Dr. Wasmuth für die Geltendmachung bei deutschen Gerichten plädierte, führte Dr. Purps aus, daß die Verfahren beim Europäischen Gerichtshof, jedenfalls als letzte Möglichkeit, unbedingt genutzt werden sollten.
Dementsprechend sind ja auch zwei Verfahren von beträchtlichem Gewicht auf den Weg gebracht worden.
Wie sehen nun aber die Arbeitsweise und die Verfahren bis zu einer möglichen Entschei- dung bei nationalen und internationalen Gerichten aus? Wie setzen deutsche Behörden die höchstrichterlichen Entscheidungen um? Hierzu einige typische Beispiele:
- Die Situation beim EGMR Straßburg
Die Annahme meiner, im Mai 2005 eingereichten Beschwerde zu den Enteignungen von Bodenreformland vor der Wende wurde bisher offenbar nicht geprüft. Auf Nachfrage wurde im Oktober 2005 mitgeteilt, daß die Prüfung erfolge, so bald der Gerichtshof dazu komme.
Zu beachten ist, daß der Gerichtshof das Verfahren einstellen darf, wenn der Kläger das Verfahren ein Jahr lang nicht betreibt - er darf das Verfahren aber auch jederzeit einstellen, wenn er die Beschwerde für "offensichtlich unbegründet" hält, im Zweifel ohne Nachricht. Nachdem nun also ein Jahr vergangen ist, wird eine weitere Anfrage gestellt; es bleibt die Frage, ob diese Bearbeitung effektiv und lösungsorientiert ist oder eher eine unfaßbare Zeitspanne in Anspruch nimmt - ohne konkrete Ergebnisse. - Die Situation bei deutschen Behörden
Die Rentenversicherung ist zu nennen mit einer Reihe abschreckender Beispiele. Hier werden Urteile des Bundesverfassungsgerichts nicht umgesetzt, wonach für Millionen Betroffener ein Gesetz bis zum 30.06.2005 zu ändern war - dies ist jedoch bis heute nicht geschehen. Ein Urteil des Bundessozialgerichts vom Oktober 2005 wird nicht umgesetzt, weil sich die Rentenversicherung nicht daran gebunden fühlt; "sie müsse noch beraten und die Betroffenen mögen Geduld haben". Wie lange, muß man sich fragen? Und was passiert dann? Nichts. Nachzahlungen werden also auf unbestimmte Zeit zurückgehalten.Ein weiteres Beispiel bildet das ehemalige Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (BARoV). Das Amt wurde zusammengelegt mit der Oberfinanzdirektion zum "Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BAD-V)". Außerdem ist die Behörde umgezogen in eine Straße, die wohl eigens für diese Behörde, die sich jetzt in einer Art Ringbau befindet, erdacht wurde und die man ohne aktuellen und detaillierten Stadtplan nicht mehr findet. Ist man aber dort angekommen, kann man in einer Einbahnstraße rundherum fahren, ohne einen Eingang zu finden, denn dieser befindet sich ausschließlich im Innenhof ... Es ist wohl beabsichtigt, daß möglichst wenige Besucher die "Arbeit" stören sollen. Wenn der Betroffene dann auch noch das Pech hat, daß der Sachbearbeiter erkrankt (und danach in Urlaub geht und dann wieder krank ist etc.), wird die Akte "umverteilt",landet in einer Schublade der ungeliebten Akten ganz unten. Herausgenommen wird sie dort nur, wenn sich doch einmal ein Antragsteller in das Gebäude hineinverirrt......
- Die Situation bei deutschen Gerichten
Ein Verfahren auf Grundberichtigung wurde im Dezember 2004 bei dem Landgericht Stralsund anhängig gemacht. Nachdem der Antragstellerin nach zähem Ringen ca. 1 Jahr später Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde, war die Klage unverzüglich eingereicht worden. Bisher gibt es weder eine Klageerwiderung noch eine richterliche Verfügung. Es scheint, als ob das Verfahren kurzerhand Verfahren "auf Eis" liegen soll, bis es sich von selbst erledigt hat...
Eine Landwirtschaftssache, seit 2002 anhängig, wurde jüngst entschieden - ohne daß das Gericht bei Anwendung des eigentlich vorgeschriebenen Amtsermittlungsgrundsatzes den berechtigten Zweifeln des Antragstellers an der Richtigkeit des eingeholten Gutachtens ausgeräumt hätte. Der Kommentar lautete lapidar, daß das Gericht von der Richtigkeit "überzeugt" sei. Die Entscheidung fiel selbstredend zum Nachteil des Mandanten aus, weil das zu verteilende Eigenkapital nicht vollständig festgestellt war. Auch die Verwaltungsgerichte schließen sich dieser verzögernden und verhindernden Arbeitsvariante an: das VG Greifswald glänzt mit Ankündigungen wie "eine Verhandlung findet in diesem Jahr nicht mehr statt, aber wahrscheinlich auch nicht im nächsten" vom September 2005 zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des DDR-Entschädigungs-Erfüllungsgesetzes (EerfG.) Es ist also vor 2007 nicht mit einer Entscheidung zu rechnen.
Das VG Berlin entscheidet über einen ebensolchen Normenkontrollantrag mit einer Klageabweisung, ohne die Revision zuzulassen - das ist kaum vorstellbar: es wurden 5 Punkte zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes vorgetragen - das Gericht meint, die Sache hätte keine grundsätzliche Bedeutung, obwohl bisher keine einzige Entscheidung hierzu vorliegt...
Das sind einige Beispiele für die deutsche "Rechtswirklichkeit im Jahre 2006" - ob sie sich irgendwann einmal ändert? Zur Zeit darf gezweifelt werden. Besonders ermutigt kann kaum jemand sein, wenn er entscheiden will, ob und wo er sein Verfahren führen möchte, wenn er denn überhaupt die Wahl hat. Und wielange dauert das? Eine Verfahrensdauer von insgesamt 10 Jahren dürfte jedenfalls nicht die Ausnahme sein. Gibt es angesichts dieser Rechts- und Rechtsstaats-Wirklichkeit in der BRD irgendein Argument dagegen, daß die ARE und mit ihr alle Rechtsstaatler diesen Zustände massiv öffentlichen Widerstand entgegenzusetzen haben, um eine Trendwende im Grundsätzlichen herbeizuführen?! Ihre Anwesenheit und unser aller Einsatz unterstreichen diesen Willen !
gez. Rechtsanwältin C. Wildgans
Hier noch einige Meldungen:
- Erste von vier Ausstellungen 2006 (Mitwirkung des ARE-Teams) wird am 23.Mai, 17 h im Herrenhaus Liepe / Brandenburg eröffnet.
- Kassetten und Bearbeitungen der Vorträge und Diskussionen vom Kongreß liegen vor.
- ARE-Führung verbreitert Internetauftritt und organisiert neue Informationsquellen.
- Regionaltreffen ( ARE-Aktionsgruppen)am 8. Juni in MV und am 15.Juni in Sachsen.
Ihre ARE