Re: Straßburg-Urteile für deutsche Gerichte nicht zwingend!


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Abgeschickt von Bernd Taubenheim am 04 November, 2004 um 09:51:13

Antwort auf: Straßburg-Urteile für deutsche Gerichte nicht zwingend! von G. Heeren am 19 Oktober, 2004 um 14:04:34:

:
: Der Nachrichtensender n-tv berichtet heute, 19. Oktober 2004, daß Straßburg-Urteile für deutsche Gerichte nicht zwingend seien.

: Dies soll im Beschluß vom 14. Oktober 2004 – 2 BvR 1481/04 – vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden worden sein.

: Ist dies bereits die Vorkehrung, daß vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) festgestellte Menschenrechtsverletzungen von deutschen Gerichten nicht anerkannt werden brauchen? Damit wären allen Menschenrechtsverletzungen in Deutschland durch das BVerfG Tür und Tor geöffnet worden.

: Sind mit dieser Entscheidung des BVerfG die Urteile des EGMR für Deutschland nicht mehr bindend, und der Artikel 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention seitens der Bundesregierung Deutschland aufgehoben?

: Wenn dem so wäre, dann ist eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss vom 14. Oktober 2004 – 2 BvR 1481/04 – bei dem EGMR dringend fällig.

Manche Kommentare sind wegen Platzmangel und fehlendem Sachverstand mitunter irreführend, mitunter wird ein Kommentar kommentiert. Auf solche Kommentare sollte man sich nicht verlassen.
In diesem Verfahren handelt es sich um eine Verfassungsbeschwerde des türkischen Staatsangehörigen G., der durch RAin Azime Zeycan aus Bochum vertreten wurde. Für mich ist interessant, dass türkische Staatsangehörige deutsche Grundrechte beanspruchen können, deutsche Opfer von den Organen der BRD dagegen in ihren Grundrechten eingeschränkt werden!

Wer von Verletzungen gegen das Rechtsstaatsprinzip betroffen ist, sollte sich unter http://www.bverfG.de/entscheidungen die Originaltexte herunterladen.

Zu diesem Beschluss gibt es zwei Leitsätze:- Auszug-

1. Zur Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG ) gehört die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung. Sowohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische "Vollstreckung" können gegen Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen.

2. Bei der Berücksichtigung von Entscheidungen des Gerichtshofs haben die staatlichen Organe die Auswirkungen auf die nationale Rechtsordnung in ihre Rechtsanwendung einzubeziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei dem einschlägigen nationalen Recht um ein ausbalanciertes Teilsystem des innerstaatlichen Rechts handelt, das verschiedene Grundrechtspositionen miteinander zum Ausgleich bringen will."

Unter C. Zif. 29 wird ausgeführt:
Die Behörden und Gerichte der Bundesrepublik Deutschland sind verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen die Europäische Menschenrechtskonvention in der Auslegung durch den Gerichtshof bei Ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
Unter I Zif 30 wird weiter ausgeführt:
Die Europäische Menschenrechtskonvention gilt in der deutschen Rechtssprechung im Range eines Bundesgesetzes und ist bei der Interpretation des nationalen Rechts - auch der Grundrechte und rechtsstaatlichen Garantien - zu berücksichtigen(1.). Die Bindungswirkung einer Entscheidung des Gerichtshofs erstreckt sich auf alle staatlichen Organe und verpflichtet diese grundsätzlich, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ohne Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht (Art 20 Abs. 3 GG) einen fortdauernden Konventionsverstoß zu beenden und einen konventionsgemäßen Zustand herzustellen. (2.) Die Art und Weise der Bindungswirkung hängt von dem Zuständigkeitsbereich der staatlichen Organe ab und von dem Spielraum, den vorrangig anwendbares Recht lässt. Gerichte sind zur Berücksichtigung eines Urteils, das einen von ihnen bereits entschiedenen Fall betrifft, jedenfalls dann verpflichtet, wenn sie in verfahrensrechtlicher Weise erneut über den Gegenstand entscheiden und dem Urteil ohne materiellen Gesetzesverstoß Rechnung tragen können (3). Ein Beschwerdeführer kann die Missachtung dieser Berücksichtigungspflicht als Verstoß gegen das in seinem Schutzbereich berührte Grundrecht in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip rügen (4.).




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